Kita-Qualität – droht in Deutschland ein Flickenteppich?


Inputrunde beim Fachgespräch zur Kita-Qualität - v.l.n.r.: Daniela Keeß vom IB, Stefan Spieker (FRÖBEL e.V.), Prof. Dr. Bernhard Kalicki (Deutsches Jugendinstitut | DJI) und der IB-Vorstandsvorsitzende Thiemo Fojkar.

Der Ausbau der Kindertagesbetreuung ist in den letzten Jahren massiv vorangeschritten - allerdings ohne systematische Weiterentwicklung der Qualität in der frühen Bildung. Dabei ist gerade die Qualität der frühen Bildung entscheidend für die weiteren Bildungswege von Kindern. Sie ist damit auch eine zentrale Stellschraube für die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse von Kindern in Deutschland.

Als überregionale Träger von Kindertageseinrichtungen haben FRÖBEL und der Internationale Bund eine länderübergreifende Perspektive auf die Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen - und auf die unterschiedlichen Standards zur Erhebung und Entwicklung von Qualität. Gemeinsam luden beide Träger am 26. September 2019 zu einem Fachgespräch unter dem Titel „Qualität in der Kindertagesbetreuung – droht in Deutschland ein Flickenteppich?“ ein.

Das Interesse war groß. Rund 70 Gäste aus Bundestag und Bundesfamilienministerium, Berliner Senatsverwaltung und Wissenschaft sowie von Gewerkschaften, Verbänden und weiteren Trägern diskutierten über die Betreuungs- und Bildungsqualität in Kitas. Die Inputs zum Qualitätsbegriff und zur Trägerperspektive auf die Qualitätsentwicklung von Prof. Dr. Bernhard Kalicki, Leiter der Abteilung "Kinder und Kinderbetreuung" beim Deutschen Jugendinstitut (DJI), Daniela Keeß, Leiterin der Abteilung Familie und besondere Lebenslagen beim IB und Stefan Spieker, Vorsitzender des Vorstands des FRÖBEL e.V. lösten eine konzentrierte, konstruktive aber auch kontroverse Diskussion aus.

Zur Begrüßung hatte der IB-Vorstandsvorsitzende Thiemo Fojkar den Blick auf ein grundsätzliches Problem gelenkt, das noch gelöst werden muss: "Der Erzieher*innenberuf ist höchst anspruchsvoll", so Fojkar. "Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass die Leistung von Erzieher*innen deutlich besser anerkannt wird in der Gesellschaft als bisher."

Konsens herrschte darin, dass gute Kita-Qualität nicht einfach hergestellt werden kann, sondern ein gemeinsames „Produkt von pädagogischen Fachkräften, Leitung, Träger, unterstützt durch Fachberatung und Fortbildung (ist), das im Dialog aller Verantwortlichen weiterentwickelt wird“, wie Prof. Dr. Kalicki formulierte. Die Meinungen gingen jedoch auseinander bei der Frage, ob es bundesweit einheitliche oder wenigstens vergleichbare Standards für gute Qualität und deren Erhebung geben kann. Daniela Keeß und Stefan Spiekerhaben dazu eine klare Haltung. Spieker sagte mit Bezug auf die aktuellen Ergebnisse des Bertelsmann Ländermonitors: „Bis heute kann niemand ehrlich beantworten, warum die Rahmenbedingungen in den einzelnen Bundesländern so unterschiedlich sein sollen oder dürfen.“ Auch Annet Bauer, Referentin beim Paritätischen Landesverband Brandenburg, sprach sich für einen bundesweiten Orientierungsrahmen aus – derzeit existierten „16 auseinanderdriftende Qualitäten“.

Keeß kritisierte, das Sozialgesetzbuch schreibe Trägern bereits die Installation von Qualitätsmanagement-Systemen vor, jedoch werde die Umsetzung nicht kontrolliert. Als vorbildlich gilt beiden Trägern das Berliner Modell. Bereits seit 2008 ist hier die regelmäßige externe Evaluation jeder einzelnen Kita gesetzlich vorgeschrieben und wird vollständig refinanziert. Allerdings würden die Ergebnisse „unter Verschluss gehalten“, so Spieker, daher sei die Nachhaltigkeit der Ergebnisse nicht gesichert. Mehr Verbindlichkeit und Transparenz im Qualitätsentwicklungsprozess wünscht sich auch Prof. Dr. Kalicki.

Ein Gedanke, der bei vielen Gästen verfing, war die Idee eines „Paktes aller, die wollen, dass frühe Bildung gute Bildung ist, um die ‚Bildungslotterie‘ zu beenden“, so Michael Fritz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Haus der kleinen Forscher. Prof. Dr. Kalicki bestätigte, dies sei die ursprüngliche Intention dessen gewesen, was heute das „Gute-KiTa-Gesetz“ ist. Gerade als Träger hoffen wir und setzen uns weiterhin dafür ein, dass die im Gesetz verankerten Qualitätsziele von den Ländern unter Beteiligung von Wissenschaft, Eltern, Kommunen und Trägern künftig mehr in den Blick genommen werden. Kinder sollen unabhängig davon, in welchem Bundesland sie leben, welche Familiensprache sie mitbringen und welche Kita ihre Eltern auswählen, von vergleichbaren guten Bildungsstandards profitieren. 

An der Diskussionsrunde beteiligte sich auch die IB-Präsidentin Petra Merkel. Sie erinnerte daran, dass es für die Qualität in den Kitas unbedingt nötig, die Eltern mit einzubeziehen. "Kinder sind unsere Zukunft. Deshalb muss es von Anfang unsere Sorge sein, einen höchstmöglichen Standard bei ihrer Betreuung zu garantieren", fordert der IB-Vorstandsvorsitzende Thiemo Fojkar.


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